Beanstandung des Ratsbeschlusses v. 20.12.2021
Regenrückhaltebecken Eichenallee
- In Kenntnis der Beanstandung des gefassten Ratsbeschlusses vom
20.12.2021 zum Tagesordnungspunkt I. 5. 15. im öffentlichen Teil hebt der
Rat der Gemeinde Wadersloh diesen Beschluss nach erneuter Prüfung aufgrund
seiner Rechtswidrigkeit auf.
- Der Rat der Gemeinde Wadersloh beschließt, dass das Regenrückhaltebecken
Eichenallee analog zu den Empfehlungen des Gutachtens mit einem 1,25 Meter
hohen Maschendrahtzaun und einer heimischen Hecke abgesichert wird.
Der Rat der
Gemeinde Wadersloh hat sich in seiner Sitzung am 20.12.2021 unter dem
Tagesordnungspunkt I. 5. 15. mit dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zum
Regenrückhaltebecken (RBB) Eichenallee befasst.
Ein gegenüber der
Verwaltungsvorlage geänderter Beschluss mit dem Inhalt:
„Das RRB Eichenallee wird gemäß den Empfehlungen des RA Wölke zusätzlich
nur entlang des Wanderweges am Altendiestedder Weg einschließlich der Überfahrt
Nikolausstraße und des Übergangs Fußweg zur Straße Im Claesfeld mit einem Maschendrahtzaun,
125 cm, und einer vorstehenden Hecke bis zum Anschluss Berkenweg gesichert. Zu
den Grundstücken erfolgt keine zusätzliche Sicherung.“
wurde in geheimer
Abstimmung mehrheitlich mit 18 „Ja“-Stimmen gegenüber 14 „Nein“-Stimmen und
einer Enthaltung gefasst.
Dieser Beschluss
verletzt geltendes Recht und ist dementsprechend gemäß § 54 Abs. 2 GO NRW vom
Bürgermeister zu beanstanden.
Der Begriff
„geltendes Recht“ umfasst dabei nicht allein Gesetze im formalen und
materiellen Sinn, sondern auch ungeschriebene Rechtssätze, (Dietlein/Heusch,
Kommunalrecht NRW, 1. Aufl. 2020, § 54 Rn. 8). Vorliegend verstößt der
Ratsbeschluss gegen die, der Gemeinde Wadersloh obliegende
Verkehrssicherungspflicht. Verkehrssicherungspflichten begründen sich nicht unmittelbar
aus dem Gesetz, sondern werden aus allgemeinen rechtlichen Erwägungen
hergeleitet, die auch für die öffentliche Hand gelten, (Rotermund/Krafft,
Verkehrssicherungspflichten, 6. Aufl. 2016, Rn 1). Sie stellen damit „geltendes
Recht“ i. S. d. § 54 Abs. 2 GO NRW dar.
- Bei dem Regenrückhaltebecken Eichenallee handelt es sich um eine
abwassertechnische Anlage der Gemeinde Wadersloh. Demzufolge obliegt der
Gemeinde Wadersloh auch die Verkehrssicherungspflicht dieser
abwassertechnischen Anlage.
In der Umsetzung der Erfüllung dieser Verkehrssicherungspflicht hat die
Verwaltung eine rechtsgutachterliche Stellungnahme bei Rechtsanwalt Eckhard
Wölke, Köln, in Auftrag gegeben, die dieser mit Datum vom 8. Juli 2021 mit
einer ergänzenden Stellungnahme vom 04. August 2021 erstellt hat. Beide
Stellungnahmen liegen dem Rat vor.
- In Anlehnung an die Ausführungen des Rechtsanwaltes in seinen
rechtsgutachterlichen Stellungnahmen lautete die Beschlussvorlage der
Verwaltung:
„Das Regenrückhaltebecken Eichenallee wird analog zu den Empfehlungen
des Gutachtens mit einem 1,25 Meter hohen Maschendrahtzaun und einer heimischen
Hecke abgesichert.“
Das Regenrückhaltebecken Eichenallee liegt unmittelbar an der
Wohnbebauung Hagedornstraße/Nikolausstraße/Im Claesfeld und am Wanderweg
Altendiestedder Weg. Ein Kinderspielplatz befindet
sich in unmittelbarer Nähe.
Das Becken hat zwar eine nur geringe Einstauhöhe von 0,50 Meter, jedoch
ein steile Böschung. Eine primäre Gefährdung besteht bei den
Regenrückhaltebecken für Kinder bis zu einer Altersgrenze von ca. 6 - 7 Jahren.
Für Kinder bis zu diesem Alter stellt auch eine Einstauhöhe von 0,50 Metern
eine Gefahrenquelle dar.
- Eine, wie in dem hier beanstandeten Ratsbeschluss beschlossene,
anteilige Einzäunung genügt den Anforderungen, die die
Verkehrssicherungspflicht an die Gemeinde Wadersloh stellt, nicht.
Insbesondere kann die Gemeinde Wadersloh die ihr bei dieser abwassertechnischen
Anlage obliegende Verkehrssicherungspflicht durch entsprechende Einzäunung
nicht auf die privaten Eigentümer der angrenzenden Wohnbebauung
übertragen.
Soweit die Grundstücke der Anwohner über eigene Zäune verfügen, besteht
auch für kleinere Kinder die Möglichkeit, über etwaige Tore in diesen Zäunen an
das Regenrückhaltebecken zu gelangen. Wenn aktuell keine Tore in einigen der
privaten Zäune sein sollten, ist nicht auszuschließen, dass über Umgestaltung
oder bei Eigentümerwechsel Tore in die Zäune kommen. Daneben besteht die
Gefahr, dass vorhandene Zäune von privaten Eigentümern durch Verwitterung und
Beschädigungen auch für kleinere Kinder, egal ob von den Anwohnern selbst oder
etwa Besuchern, überwindet werden können. Bei einem Eigentümerwechsel besteht
das Risiko, dass ein neuer Eigentümer einen neuen Grundstückszaun setzt und
darüber während etwaiger Baummaßnahmen möglicherweise überhaupt kein Zaun
vorhanden ist und ein neuer Zaun den Mindestanforderungen, die an eine
Sicherung des RBB zu stellen sind, um eine Gefährdung von Kindern
auszuschließen, nicht genügt.
- Vor dem Hintergrund der unmittelbar angrenzenden Wohnbebauung und
dem Wanderweg ist daher eine vollständige Einzäunung, entsprechend der
Beschlussvorlage der Verwaltung, zwingend, um den Anforderungen der
Verkehrssicherungspflicht zur Verringerung der durch die
abwassertechnische Anlage begründeten Gefährdung zu genügen.
Eine optische Beeinträchtigung, ohnehin nicht berücksichtigungsfähig
soweit die Verkehrssicherungspflicht entsprechende Maßnahmen erfordert, durch
den Maschendrahtzaun in einer Höhe von nur 1,25 Meter und einer zusätzlichen
Hecke besteht für die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke nicht, da aktuell
die privaten Zaunanlagen höher sind und damit einen kompletten Sichtschutz
bieten. Andernfalls kämen sie für eine anteilige Einzäunung des
Regenrückhaltebeckens als Schutzmaßnahme, wie sie ihnen in dem hier
beanstandeten Ratsbeschluss zugeschrieben werden soll, ohnehin nicht in
Betracht.