Betreff
Sicherung der Regenrückhaltebecken
Beanstandung des Ratsbeschlusses v. 20.12.2021
Regenrückhaltebecken Eichenallee
Vorlage
2022/B/3729
Art
Beschlussvorlage
  1. In Kenntnis der Beanstandung des gefassten Ratsbeschlusses vom 20.12.2021 zum Tagesordnungspunkt I. 5. 15. im öffentlichen Teil hebt der Rat der Gemeinde Wadersloh diesen Beschluss nach erneuter Prüfung aufgrund seiner Rechtswidrigkeit auf.

 

  1. Der Rat der Gemeinde Wadersloh beschließt, dass das Regenrückhaltebecken Eichenallee analog zu den Empfehlungen des Gutachtens mit einem 1,25 Meter hohen Maschendrahtzaun und einer heimischen Hecke abgesichert wird.

Der Rat der Gemeinde Wadersloh hat sich in seiner Sitzung am 20.12.2021 unter dem Tagesordnungspunkt I. 5. 15. mit dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zum Regenrückhaltebecken (RBB) Eichenallee befasst.

 

Ein gegenüber der Verwaltungsvorlage geänderter Beschluss mit dem Inhalt:

 

„Das RRB Eichenallee wird gemäß den Empfehlungen des RA Wölke zusätzlich nur entlang des Wanderweges am Altendiestedder Weg einschließlich der Überfahrt Nikolausstraße und des Übergangs Fußweg zur Straße Im Claesfeld mit einem Maschendrahtzaun, 125 cm, und einer vorstehenden Hecke bis zum Anschluss Berkenweg gesichert. Zu den Grundstücken erfolgt keine zusätzliche Sicherung.“

 

wurde in geheimer Abstimmung mehrheitlich mit 18 „Ja“-Stimmen gegenüber 14 „Nein“-Stimmen und einer Enthaltung gefasst.

 

Dieser Beschluss verletzt geltendes Recht und ist dementsprechend gemäß § 54 Abs. 2 GO NRW vom Bürgermeister zu beanstanden.

 

Der Begriff „geltendes Recht“ umfasst dabei nicht allein Gesetze im formalen und materiellen Sinn, sondern auch ungeschriebene Rechtssätze, (Dietlein/Heusch, Kommunalrecht NRW, 1. Aufl. 2020, § 54 Rn. 8). Vorliegend verstößt der Ratsbeschluss gegen die, der Gemeinde Wadersloh obliegende Verkehrssicherungspflicht. Verkehrssicherungspflichten begründen sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern werden aus allgemeinen rechtlichen Erwägungen hergeleitet, die auch für die öffentliche Hand gelten, (Rotermund/Krafft, Verkehrssicherungspflichten, 6. Aufl. 2016, Rn 1). Sie stellen damit „geltendes Recht“ i. S. d. § 54 Abs. 2 GO NRW dar. 

 

 

  1. Bei dem Regenrückhaltebecken Eichenallee handelt es sich um eine abwassertechnische Anlage der Gemeinde Wadersloh. Demzufolge obliegt der Gemeinde Wadersloh auch die Verkehrssicherungspflicht dieser abwassertechnischen Anlage.

 

In der Umsetzung der Erfüllung dieser Verkehrssicherungspflicht hat die Verwaltung eine rechtsgutachterliche Stellungnahme bei Rechtsanwalt Eckhard Wölke, Köln, in Auftrag gegeben, die dieser mit Datum vom 8. Juli 2021 mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 04. August 2021 erstellt hat. Beide Stellungnahmen liegen dem Rat vor.

 

  1. In Anlehnung an die Ausführungen des Rechtsanwaltes in seinen rechtsgutachterlichen Stellungnahmen lautete die Beschlussvorlage der Verwaltung:

 

„Das Regenrückhaltebecken Eichenallee wird analog zu den Empfehlungen des Gutachtens mit einem 1,25 Meter hohen Maschendrahtzaun und einer heimischen Hecke abgesichert.“

 

Das Regenrückhaltebecken Eichenallee liegt unmittelbar an der Wohnbebauung Hagedornstraße/Nikolausstraße/Im Claesfeld und am Wanderweg Altendiestedder Weg. Ein Kinderspielplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe.

 

Das Becken hat zwar eine nur geringe Einstauhöhe von 0,50 Meter, jedoch ein steile Böschung. Eine primäre Gefährdung besteht bei den Regenrückhaltebecken für Kinder bis zu einer Altersgrenze von ca. 6 - 7 Jahren. Für Kinder bis zu diesem Alter stellt auch eine Einstauhöhe von 0,50 Metern eine Gefahrenquelle dar.

 

  1. Eine, wie in dem hier beanstandeten Ratsbeschluss beschlossene, anteilige Einzäunung genügt den Anforderungen, die die Verkehrssicherungspflicht an die Gemeinde Wadersloh stellt, nicht. Insbesondere kann die Gemeinde Wadersloh die ihr bei dieser abwassertechnischen Anlage obliegende Verkehrssicherungspflicht durch entsprechende Einzäunung nicht auf die privaten Eigentümer der angrenzenden Wohnbebauung übertragen.

 

Soweit die Grundstücke der Anwohner über eigene Zäune verfügen, besteht auch für kleinere Kinder die Möglichkeit, über etwaige Tore in diesen Zäunen an das Regenrückhaltebecken zu gelangen. Wenn aktuell keine Tore in einigen der privaten Zäune sein sollten, ist nicht auszuschließen, dass über Umgestaltung oder bei Eigentümerwechsel Tore in die Zäune kommen. Daneben besteht die Gefahr, dass vorhandene Zäune von privaten Eigentümern durch Verwitterung und Beschädigungen auch für kleinere Kinder, egal ob von den Anwohnern selbst oder etwa Besuchern, überwindet werden können. Bei einem Eigentümerwechsel besteht das Risiko, dass ein neuer Eigentümer einen neuen Grundstückszaun setzt und darüber während etwaiger Baummaßnahmen möglicherweise überhaupt kein Zaun vorhanden ist und ein neuer Zaun den Mindestanforderungen, die an eine Sicherung des RBB zu stellen sind, um eine Gefährdung von Kindern auszuschließen, nicht genügt.

 

  1. Vor dem Hintergrund der unmittelbar angrenzenden Wohnbebauung und dem Wanderweg ist daher eine vollständige Einzäunung, entsprechend der Beschlussvorlage der Verwaltung, zwingend, um den Anforderungen der Verkehrssicherungspflicht zur Verringerung der durch die abwassertechnische Anlage begründeten Gefährdung zu genügen.

 

Eine optische Beeinträchtigung, ohnehin nicht berücksichtigungsfähig soweit die Verkehrssicherungspflicht entsprechende Maßnahmen erfordert, durch den Maschendrahtzaun in einer Höhe von nur 1,25 Meter und einer zusätzlichen Hecke besteht für die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke nicht, da aktuell die privaten Zaunanlagen höher sind und damit einen kompletten Sichtschutz bieten. Andernfalls kämen sie für eine anteilige Einzäunung des Regenrückhaltebeckens als Schutzmaßnahme, wie sie ihnen in dem hier beanstandeten Ratsbeschluss zugeschrieben werden soll, ohnehin nicht in Betracht.